Gestalten in Käfigen | Erster Teil | Ich stehe auf dem Foto vor einem grossen Rosenstrauch. Ein hoch aufgeschossener, schlaksiger Sechsjähriger, dessen viel zu lange Beine aus einer kurzen Lederhose staksen, hält tapfer...
Ich sehe Dein Vater. Ich spüre den ruhigen Rhythmus, und seine Präzision beim vorbereiten des Fotoapparates. Dann fühle ich die Liebe und Wärme zu Dir, er ruft, er lacht. Die Natur, die Luft, die Sonne, ich sehe euch.
Ich bin beeindruckt wie Du Dein Zustand beschreibst. Ein Kind das verstummt, sich nicht mehr spürt, verloren und eingesperrt in ein für Ausserstehende nicht sichtbares Käfig ist.
Lieber Markus, das Thema Gestalten in Käfigen ist gewaltig. Gleich fühlt sich das Innerste angesprochen. Als erstes kommt ein Gedicht:"Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass ihn nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt."
Dann beschreibst du in wunderbar poetischer Sprache die Extremform des Käfigs: das Locked In Syndrom. Du beschreibst es meisterhaft, das kann ich sagen, weil ich es kenne. Aus der Kindheit und auch aus späteren Zeiten. Ich dachte damals, die Untoten würden sich so fühlen. Aus merkwürdigen, eigenartigen, mich sehr bewegenden aber unverständlichen Erlebnissen formte sich schließlich eine Evidenz wie ein Blitz aus dem Unbewussten: Ich wollte meinem Vater in den Tod folgen. Ich schaffte es offenbar bis in dieses Zwischenreich.
Es beschäftigt mich jetzt die Frage nach dem tatsächlichen Ausbruch, also ob und wie diese Käfigwelten definitiv verlassen werden können - also ob und wie das Glas, wie Du es beschreibst, endgültig schmelzen, verschwinden kann- oder nur zeitweise. Welche Reste, Splitter bleiben.
Ja, und das Seltsame, das Schreckliche an diesem Zustand ist ja, oder zumindest war für mich, dass ich es selbst in dem Moment, in dieser Zeit, nicht wahrgenommen habe. Erst mit einem Umzug ist etwas aufgebrochen.
Wohl ist das mit vielen unserer Käfige so: Sie sind für uns nicht wahrnehmbar, bis wir Abstand zu ihnen bekommen, auf die eine oder andere Art – da sie unsere Welt werden, sie also wir selbst sind.
Vielen Dank Markus. Wie schön, sich über solch elementare Erlebnisweisen verständigen zu können!
Nach einigem Zögern füge ich noch etwas hinzu- das ist ja schon auch alles sehr interessant...
Mit zunehmender Bewusstsein nahm ich die Unterschiede der inneren "Aufenthaltsorte" immer deutlicher war. Der "Käfigraum" war merkwürdigerweise zweidimensional, grau getönt. Keine Farben, keine Menschen. Die.wirkliche Wirklichkeit war durch eine Glasscheibe abgetrennt, dreidimensional, bunt, voller lebendiger Menschen...Wie durch die Glasscheibe kommen...Es war tatsächlich jedesmal die Empathie eines lieben Menschen, die das Glas zum Schmelzen brachte.
Wenn du von deinem Leben in der Kindheit sprichst hört man , daß es ganz aus deinem Herzen kommt. Wie damals die Beschreibubg deines Besuchs bei Siegi im Krankenhaus ( da war schon Blut in dem Schlauch ) oder so ähnlich ganz unvergeßbar ist.
Ich sehe Dein Vater. Ich spüre den ruhigen Rhythmus, und seine Präzision beim vorbereiten des Fotoapparates. Dann fühle ich die Liebe und Wärme zu Dir, er ruft, er lacht. Die Natur, die Luft, die Sonne, ich sehe euch.
Ich bin beeindruckt wie Du Dein Zustand beschreibst. Ein Kind das verstummt, sich nicht mehr spürt, verloren und eingesperrt in ein für Ausserstehende nicht sichtbares Käfig ist.
Danke, Beatrice!
Lieber Markus, das Thema Gestalten in Käfigen ist gewaltig. Gleich fühlt sich das Innerste angesprochen. Als erstes kommt ein Gedicht:"Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass ihn nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt."
Dann beschreibst du in wunderbar poetischer Sprache die Extremform des Käfigs: das Locked In Syndrom. Du beschreibst es meisterhaft, das kann ich sagen, weil ich es kenne. Aus der Kindheit und auch aus späteren Zeiten. Ich dachte damals, die Untoten würden sich so fühlen. Aus merkwürdigen, eigenartigen, mich sehr bewegenden aber unverständlichen Erlebnissen formte sich schließlich eine Evidenz wie ein Blitz aus dem Unbewussten: Ich wollte meinem Vater in den Tod folgen. Ich schaffte es offenbar bis in dieses Zwischenreich.
Ja, SEHR interessant das alles.
Es beschäftigt mich jetzt die Frage nach dem tatsächlichen Ausbruch, also ob und wie diese Käfigwelten definitiv verlassen werden können - also ob und wie das Glas, wie Du es beschreibst, endgültig schmelzen, verschwinden kann- oder nur zeitweise. Welche Reste, Splitter bleiben.
Herzlichen Dank, Christine!
Ja, und das Seltsame, das Schreckliche an diesem Zustand ist ja, oder zumindest war für mich, dass ich es selbst in dem Moment, in dieser Zeit, nicht wahrgenommen habe. Erst mit einem Umzug ist etwas aufgebrochen.
Wohl ist das mit vielen unserer Käfige so: Sie sind für uns nicht wahrnehmbar, bis wir Abstand zu ihnen bekommen, auf die eine oder andere Art – da sie unsere Welt werden, sie also wir selbst sind.
Vielen Dank Markus. Wie schön, sich über solch elementare Erlebnisweisen verständigen zu können!
Nach einigem Zögern füge ich noch etwas hinzu- das ist ja schon auch alles sehr interessant...
Mit zunehmender Bewusstsein nahm ich die Unterschiede der inneren "Aufenthaltsorte" immer deutlicher war. Der "Käfigraum" war merkwürdigerweise zweidimensional, grau getönt. Keine Farben, keine Menschen. Die.wirkliche Wirklichkeit war durch eine Glasscheibe abgetrennt, dreidimensional, bunt, voller lebendiger Menschen...Wie durch die Glasscheibe kommen...Es war tatsächlich jedesmal die Empathie eines lieben Menschen, die das Glas zum Schmelzen brachte.
Lieber Markus,
deine Geschichte hat mich sehr tief im Inneren berührt, ganz besonders in meinem Herzen.
Es ist einfach unglaublich, wie du es schaffst, Szenen, Bilder, Gefühle, Gedanken und Seelenebene so zu verweben und zu schildern.
Meine Kinderseele schickt dir eine Umarmung.
Danke, Susanne!
Hoffentlich auch Deine Erwachsenenseele!
Hahaha!
Natürlich …
Wenn du von deinem Leben in der Kindheit sprichst hört man , daß es ganz aus deinem Herzen kommt. Wie damals die Beschreibubg deines Besuchs bei Siegi im Krankenhaus ( da war schon Blut in dem Schlauch ) oder so ähnlich ganz unvergeßbar ist.
Danke! Wir schicken diese Gedichte das nächste Mal.