Es ist nicht das Schreiben. Es ist der Bildschirm. Der Computer. Dieser binäre Zustand, in den die Maschine Augen, Hirn und Geist versetzt. Schreiben ist das, was ich tun möchte, aber dafür vor einem Bildschirm verkümmern wie eine weisse Tomate in einem holländischen Gewächshaus?
Auch wenn der Wind noch kalt ist, hier in Ostengland ist der Frühling angekommen: hoher, blauer Himmel, darauf oder darunter ein paar weisse Flecken. Blühende Kamelien im Garten und sprossende Apfelbäume. Jim mäht den Rasen, eine nur scheinbar sinnlose Tätigkeit jetzt. In Wirklichkeit ist es dieses knallende Dröhnen des Rasenmähers, und vor allem die Stille nach seinem Abschalten, die dem Blick über die Schlehen am Strassenrand das Frühlingszittern schenkt, die süsse Vorahnung des Sommers.

Nach der dritten Vorstellung von COLLISIONS vor zwei Wochen bin ich in eine Art sabberndes Koma gefallen. Diesen selbstverlassenen Zustand der Erholung, in dem einen der Urologe etwa oder der neue Hausverwalter für einen gänzlich verblödeten Schafskopf hält und in einer Art Babysprache dem Kretin die Gefährlichkeit von Nierensteinen oder die Notwendigkeit der Umstellung der Heizung auf Gasbrenner auseinandersetzt.
Dies als Entschuldigung für die ausgebliebenen Briefe.
Ich muss zugeben, immer noch in diesem komatösen Zustand zu stecken. Nichts macht Sinn, aber Sinn ist auch nicht das, wonach man sucht in seiner kühlen Lehmgrube, in deren Dunkelheit man sich auf der Flucht vor der tödlichen Hitze des Sommers zurückzieht. Nur die Augen schliessen und tief die schattige Luft einatmen.
London ist mir seit jeher eine der liebsten Städte. Doch diesmal bin ich erschrocken vor den Massen, den kreischenden U-Bahnen, den riesigen Bussen, die von der falschen Seite kommend nur knapp am verlorenen Schlafwandler vom Kontinent vorbeifahren. Die Stadt nährt dich und frisst dich zugleich auf. Gut, dass A. dann etwas krank geworden ist, so konnten wir ausruhen und sprechen. Ich war froh, dem Gebrüll der Stadt entkommen zu sein und in der Stille seines Hauses zu lesen, zu kochen und ihm beim Malen zuzuschauen. A. ist der einzige Freund. Wir haben zusammen Abitur in München gemacht; er hat dann Medizin studiert und lebt seit vielen Jahren als Arzt in London, es gibt niemand anderen, mit dem ich mich verstehe. Eine empfindsame Seele, der die Unbillen des Lebens viel zu sehr zu Herzen gehen.
Morgen Abendessen bei Bekannten, die unglücklich aber reich ein viel zu grosses Haus in malerischer Landschaft zu beleben versuchen. Aber zum Beleben werde ich nicht taugen.
Gehen wir ein bisschen spazieren in diesem zerbrechlichen Licht, das durch die blühenden Kirschbäume weht?